Für mich gibt es zum Jahreswechsel 2023/2024 eine große Veränderung, mit der ich den Staffelstab weitergeben möchte, dass Africa GreenTec langfristig nachhaltig und zukunftsfähig wird.
Ich übergebe den Pilotensitz an meinen bisherigen Co-Piloten Prof. Dr. Wolfgang Rams, der ab 01.01.2024 CEO der AGT - Gruppe wird. Ich bleibe Teil des Vorstands von AGT und wir bleiben gemeinsam „in der Luft“, aber wir ändern den Kurs.
Von Ingo Dahm mit KI-Unterstützung kreiertes Bild
Ich wollte eigentlich nie „Chef“ sein. Gleichwohl bin ich jemand, der Menschen für eine Vision begeistern kann. Meine Vorstellung von einem Unternehmer war immer das, was ich als Kind erlebt habe. Mein Vater war ein Familienunternehmer, der seine Firma mit knapp 1.000 Mitarbeitern wie eine große Familie geführt hat. Er kannte jede(n) seiner Mitarbeiter:innen, seine Tür stand immer offen. Er war mein großes Vorbild.
Meine erste Firma gründete ich deshalb schon mit 13 Jahren, es war eine überregionale Schülerzeitung, die am Kiosk verkauft wurde. Diese Geschichte war prägend für mich, denn damals unterstützte mich der Geschäftsführer des „Süd-West-Zeitungvertriebs“, in dem er mir anbot, die Zeitschrift an 600 Kiosken auszulegen, nachdem er von unserem Projekt erfahren hatte.
Meine Teenager-Kollegen und ich druckten, hefteten eine Woche Tag und Nacht und an einem Montag-Morgen lag unsere Zeitschrift dann zwischen Spiegel, Stern und Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Kiosk. Ich war so stolz und wollte Journalist und Zeitungsverleger werden, das war vor 40 Jahren. Wir verkauften genau 3 Exemplare.
Der Rest wurde retourniert. Es gab später noch insgesamt 6 Ausgaben. Aus dem Job als Zeitungsverleger wurde leider nichts, aber es hatte jemand daran geglaubt und mir die Chance gegeben.
Studiert oder gar promoviert habe ich nie, ich war immer eher der Typ, der einfach macht und Dinge ausprobiert und damit auch mal auf die Nase fällt. Seitdem war ich an über 100 Gründungen, Startups, Projekten und Ideen seit ihrer Entstehung beteiligt, darunter zB. bettervest, Gründertaxi, GreenTec Capital, aescuvest, SOCHILI & Social Startups.
Deswegen bin ich auch überzeugt, dass Professor Dr. Wolfgang Rams jetzt der „bessere Pilot“ ist. Er ist nicht nur Professor für Entrepreneurship und Betriebswirtschaftslehre, sondern auch studierter Elektroingenieur. Er brennt für Africa GreenTec und dafür, jetzt zu neuen Horizonten aufzubrechen.
Wolfgang und Torsten 2018 in Mali
Africa GreenTec entstand aus der Liebe zu Aida und ihrem Volk, den Menschen in Mali, die mich vor 20 Jahren empfangen hatten, als ich damals beruflich und auch privat gescheitert war. Diese Erfahrung alles zu verlieren war ein einschneidendes Erlebnis für mich und hilft mir heute auch an manchen Stellen „loszulassen“, so wie jetzt, einen Schritt zur Seite zu treten und sich selbst nicht „so wichtig zu nehmen“.
Aida lernte ich kennen, als ich am Boden war, sie nahm mich damals mit in ein Land, das so voller Werte, wunderbarer Menschen war und schon damals als eines der ärmsten Länder der Welt galt. Doch meine Glaubenssätze über Afrika, zum Armutsbegriff, die ganzen Narrative habe ich in Mali für mich neu definiert. Für mich zählt heute die Haltung eines Menschen, Demut, Selbstbestimmung, Empathie und Mitmenschlichkeit.
Aida & Torsten in Bananso [Mali]
All das habe ich seinerzeit in Mali gefunden und später auch in vielen andere Regionen der Welt in die ich reisen durfte.
Meine Reise als Gründer und CEO von Africa GreenTec
Seit der frühen Entstehung von Africa GreenTec vor knapp 10 Jahren habe ich das Unternehmen als CEO geführt, durch etliche Krisen geleitet, mit tausenden von Menschen gearbeitet, gekämpft, gelitten und gelacht.
Ich habe dabei immer alles gegeben, was ich konnte. Ich war dabei nie perfekt und wollte es auch nie sein. Früh habe ich in Afrika gelernt, dass der „deutsche“ Teil von mir nichts erreichen wird auf einem Kontinent der so facettenreich und so divers ist und bei dem es eher darauf ankommt, dass etwas „irgendwie“ -statt perfekt- funktioniert. Heute fühle ich mich als ein Teil des Kontinents, der auch meine Heimat geworden ist.
Doch unsere Firma wuchs, von ursprünglich mal 4 Leuten schnell auf über 150 in 9 Ländern.
Gründerteam von Africa GreenTec 2016
Als unser Mitgründer Charlie Njonmou 2018 (2. vl.) kurz nachdem er aus Mali zurückkam, wo er zwei weitere Container aufgebaut hatte, bei einem Autounfall verstarb, war das für uns ein sehr schwerer Verlust, denn Charlie hat die Idee von Africa GreenTec gelebt und geliebt, so wie die meisten unserer afrikanischen Mitarbeiter. Hier findet ihr den Nachruf mit vielen Bildern aus der Anfangszeit von Africa GreenTec.
Nachruf unseres Teams für Charlie
Wir waren und sind Pioniere in vielen Bereichen unserer Industrie, mit unseren Ideen, Finanzierungskonzepten, unseren Technologien sind wir für viele Menschen auch Vorbilder. Doch wir mussten lernen: Erfolg führt zu Neid, zu Missgunst, sogar zu Hass und Gewalt. So haben wir auch Menschen auf unserem Weg verloren, die ermordet, vergiftet oder verschleppt wurden. Ich habe in Geflüchtetenlagern, in Terrorgebieten, in Kriegsgebieten, in Slums in der Wüste Dinge erlebt und gesehen, die mich tief erschüttert, verändert und geprägt haben.
Fokus statt Ideenfabrik …
An vielen Stellen habe ich mich im Rückblick übernommen, mir zu viel zugetraut, nicht auf meinen Körper und meinen Verstand gehört. Zu sehr nach vorne gekämpft, mit dem Kopf durch die Wand wollte ich die Welt verändern, den Klimawandel bekämpfen, dazu noch die Armut gleich mit und die Fluchtursachen, die Ungerechtigkeit, den Rassismus, wollte die Bildung verbessern, das Gesundheitswesen, Kühlketten aufbauen, Wasser reinigen, Landwirtschaft, Elektromobilität und auch noch hier ein Windrad und dort eine Biogasanlage. Meine Ideen sind gesprudelt, denn ich habe in Afrika immer wieder nur Chancen und Möglichkeiten gesehen, statt den Herausforderungen, die es auch gibt und damit habe ich meine Mitstreiter oft an den Rand des Wahnsinns gebracht, die sich immer wieder und auch jetzt „Fokus“ wünschten, wenn ich von meiner 360-Grad-Vision erzählte, die ich bereits 2015 entwickelt habe.
Wolfgang hat diese Idee und auch diese große Vision von Anfang an verstanden und geteilt.
Durch unsere enge Zusammenarbeit können wir von unseren Stärken lernen und uns immer gut ergänzen und so auch diesen Schritt jetzt wieder gemeinsam gehen, aber jetzt ist er im Lead und ich unterstütze ihn.
Aber es war auch einer meiner größten Fehler, immer von mir selbst auszugehen und von meiner Vision und dabei übersehen, dass Mitarbeiter keine Unternehmer sind und auch keine Mitgründer, sondern klare Strukturen brauchen, die sie bewältigen können in ihrem Alltag.
Die Corona-Zeit war hier auch für uns eine der größten Herausforderungen, die richtige Balance zu finden in einer sich verändernden Arbeitswelt.
Auch hierfür muss ich Verantwortung übernehmen, denn ein guter CEO eines wachsenden Unternehmens muss vor allem die Shareholder und die Mitarbeiter im Auge haben und nicht ständig versuchen, „die Welt zu retten“ und seine eigene Vision zu verfolgen. Wolfgang hatte sich in der Vergangenheit öfters mal gewünscht „Nein“ zu sagen, wenn ich mit einer neuen Tele-Medizin-Idee um die Ecke kam, ein eigenes Elektroauto bauen wollte oder direkt noch einen Elektro-Traktor und einen „Schooltainer“ um die Bildung im Dorf zu digitalisieren. Oder vielleicht doch eine Bäckerei !
2024 wird es bei Africa GreenTec sicher weniger Innovation und dafür mehr Struktur und Fokus geben.
Wenn dich dein Körper warnt…
Irgendwann kam der Moment, es war irgendwo zwischen der Ermordung des Präsidenten des Tchad, dem „Skandal“ um unseren Investor Udo Philipp und der Hetze in der Springer-Presse und den Folgen der Militärputsche im Sahel und zuletzt im Niger wo es nicht mehr ging, wo mein Körper und mein Verstand STOP gesagt haben. Ich fiel um und blieb liegen.
Um mich herum hinterließ das Bestürzung und Ängste, Sorgen. „Wow was wäre wenn er mal nicht mehr vorne weg läuft“ und uns die Richtung weist, Navigator ist. Das hat mich tief berührt und sehr nachdenklich und demütig hinterlassen. Vor allem hat es viel zerstört in der eigenen Familie, die schon zuvor über Jahre zurückstecken musste für meine verrückten Reisen und Orte, an denen ich war, um dem Impact hinterherzujagen. Ich habe die Ängste meiner Kinder übergangen.
Ich habe in den letzten Jahren immer wieder mit Investoren über das „Keyman Risk“ gesprochen, also über das Szenario, dass ich entführt oder ermordet werde oder bei einem Verkehrsunfall ums Leben komme, was in Afrika sehr häufig vorkommt. Ich musste Versicherungspolicen abschließen, wo ich einzelne Körperteile mit einem Preisschild versehen musste, weil das bei Großinvestoren ein Standardthema bei der Due Diligence (also der Risikoprüfung einer Unternehmensinvestition) ist.
Die Frage „Was passiert (mit meinem Geld), wenn dir jemand „die Rübe“ abhaut? Meist hieß die Antwort, dann ist dein Geld vermutlich weg. Zu fixiert war das ganze Unternehmen zuletzt auf meine Person. In der Folge durfte ich mit gewissen Personen nicht mehr zusammen fliegen oder reisen oder gar in einem Auto sitzen. Zuletzt auch nicht mehr mit meiner Frau.
Der alleinige Fokus auf meine Person, auch in den Medien, bei Geldgebern, bei Menschen in meinem Umfeld hat sich nach so vielen Jahren in den letzten Wochen deshalb nicht mehr nur noch richtig angefühlt, wenngleich ich den Austausch auch auf Bühnen und auf Events immer sehr inspirierend fand.
Mein Engagement für den Klimaschutz und auch meine offene Solidarität mit Letzte Generation oder Extinction Rebellion hat einige konservative Investoren und Partner verärgert und mir gezeigt, dass ich als CEO nicht mehr wirklich offen sagen kann, was mich stört. Dieser Konflikt hat sich verstärkt, seit ich Top Voice für Nachhaltigkeit bei LinkedIn wurde und noch mehr über die aktuellen politischen Themen publizierte.
Seitdem eckte ich auch zunehmend bei der deutschen Entwicklungszusammenarbeit oder einigen Ministerien an, die hinter vorgehaltener Hand meinen Friseur kritisierten und für die ich eher ein Paradiesvogel, einen Wikinger, Santa Claus oder etwas von allem war und bin. Diese Erfahrung machte ich auch immer wieder mit Bankern und Leuten aus der Finanzindustrie.
Der daraus entstehende, persönliche Interessenskonflikt, einerseits als Klimaschutzaktivist gegen Öl- und Gaskonzerne zu kämpfen und anderseits mit Fonds und Finanzierungspartnern zu verhandeln, die uns Geld für unsere Projekte geben sollten, wurde auch immer mehr zur Zerreißprobe, weshalb die letzten beiden COP-Konferenzen von Wolfgang besucht wurden, der dort auch mit Akteuren in Saudi-Arabien und Dubai über gemeinsame Projekte verhandelt hat.
Letztlich habe ich seit der Gründung drei Jobs gehabt, ich war CEO, CTO und CMO, habe also nicht nur das Unternehmen insgesamt geführt, sondern auch die ausländischen Tochtergesellschaften. Ich war des Weiteren für Innovationen verantwortlich und habe neue Produkte und Technik konzipiert und umgesetzt.
Vor allem aber habe ich die Marke mitaufgebaut und dadurch auch mithilfe von preisgekrönten Finanzinnovationen, wie dem Crowdinvesting, dafür gesorgt, dass uns viele Menschen eine starke Community um das Unternehmen und unsere Mission gebaut haben. Heute sind über 4.000 Menschen in Africa GreenTec investiert. Deshalb bleibe ich auch in dieser Rolle des Vorstands für Communication, Crowdinvesting & Marketing an der Seite von Wolfgang
Wolfgang Rams übernimmt die Rolle des CEO und setzt neuen Kurs
Ein wichtiger Teil unserer Entscheidungsfindung hat das Feedback hier aus dem Forum – von euch – für uns geliefert. Nie zuvor gab es einen Beitrag, bei dem sich so viele #crowdinvestoren aktiv geäußert haben. Natürlich gab es auch zuvor das Feedback unserer großen Investoren und Aktionäre sowie dem Aufsichtsrat, der vor allem unseren schlechten Jahresbericht zum Geschäftsjahr 2023 und unsere abweichenden Planzahlen kritisiert hat, die sich aus dem Verlust mehrerer großer Projekte im Kontext mit der Situation im Tschad und Niger ergeben hatten. Wir steuern nun um, um für AGT die Profitabilität zu erreichen
Mit dem Start der neuen Website, die mein COM-Team zu Weihnachten online genommen hat, sieht Africa GreenTec sich – auch zukünftig – als Technologieunternehmen. Wir sind in vielen Bereichen unserer Industrie ein Pionier und haben viele dieser Bereiche und Modelle „erfunden“ und bekannt gemacht, waren Vorbild für viele Copycats, die unsere Konzepte und Geschäftsmodelle übernommen haben. Das war immer Teil meiner Mission, mit maximaler Transparenz gesellschaftliche Veränderungen zu initiieren. Doch auch hier muss ich die Kritik annehmen, denn wenn Wettbewerber selbst kein Geld ausgeben für Kommunikation, Technologie, Innovation oder Businessmodelle, ist das für das eigene Unternehmen nicht immer von Vorteil. Wir können jedoch nicht die Innovations-Abteilung der Wettbewerber sein, wir müssen an die eigene Profitabilität denken und deswegen nimmt Wolfgang jetzt das Ruder in die Hand und setzt Kurs auf Profitabilität.
Wolfgang wird hier in der Community Anfang des Jahres seine Strategie für 2024-2025 teilen und auch noch Stellung nehmen zu dem Führungswechsel sowie dem neuen Fokus/Schwerpunkt – und vor allem, wie wir ihn gemeinsam mit unserem Team bei AGT umsetzen wollen.
Es sind außerdem weitere Vorstände und Führungskräfte geplant, die im Laufe des Jahres 2024 das Management-Team in den Bereichen Finanzen, Technik und Projektumsetzung unterstützen.
An dieser Stelle bleibt mir nur „Danke“ zu sagen an alle guten Menschen, die mich bis heute bestärkt, begleitet und wertgeschätzt haben!
Mein Lebensmotto ist „Der Weg ist das Ziel“ und insofern ist das kein Abschied oder keine traurige Nachricht, sondern nur eine Weggabelung für mich, die mir mein Mentor Muhammed Yunus mit auf den Weg gegeben hat, als er mir ein wichtiges Zitat wiederholte: „Die Macht der Technologie kann jede Hürde überwinden, wenn sie im Dienste der Menschen und nicht des Profits steht.“
Ich wünsche uns allen einen guten Start ins neue Jahr 2024 und wünsche mir, dass ihr Wolfgang genauso stark unterstützen werdet.