Live-Blog | Entwicklung der Sicherheitslage im Sahel seit 2023

Liebe Freunde und Unterstützer meiner Arbeit,

die geopolitischen Veränderungen in Sub-Sahara-Afrika sind gravierend und für viele Menschen in Deutschland nicht sehr präsent, ich möchte euch hiermit einen Überblick über die Ereignisse im sahel im Jahr 2023 und einen Ausblick auf 2024 ermöglichen.

Der Austritt von Mali, Niger und Burkina Faso am 28. Januar 2024 aus dem 50 Jahre bestehenden Wirtschaftsraum ECOWAS ist eine „Zeitenwende“.

Es ist auch nicht übertrieben, wenn man das in Verbindung bringt damit, dass Russland in Afrika eine zweite Front und einen zweiten Krieg gegen Europa und hier insbesondere gegen [den Einfluss der EU und] Frankreich führt. Der Austritt der drei Partnerstaaten von Russland in Verbindung mit dem kompletten Rückzug der internationalen Gemeinschaft, „dem Westen“ innerhalb weniger Monate unterstreicht das.

Die beiden von Russland organisierten Afrika-Gipfel und das Abstimmungsverhalten einiger afrikanischer Staaten bei der UN zeigen, dass Russland seine Stellung und seinen Einfluss in Afrika sehr massiv ausbaut und es in vielen Ländern, die zusammen viel größer sind als Europa als Kontinent, auch bereits mit gezielten Desinformationskampagnen geschafft hat, westliche Staaten, die EU aber auch die USA zu verdrängen.

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Bildquelle: FAZ-Artikel (verlinkt)

Die verändert die geopolitischen Blöcke massiv und nachhaltig. Man mag den Zerfall der Hegemonie der USA und der NATO gut oder schlecht finden. Die politischen Umstürze in Mali, Burkina Faso, Guinea, Tchad, Sudan und Niger sowie Gabun haben ALLE unterschiedliche, länderspezifische Ursachen. Was die meisten eint, ist eine unzufriedene Jugend, die speziell in Westafrika dem Einfluss einer postkolonialistischen Macht überdrüssig ist: Frankreich und der EU. In diese Lücke drängt Russland auf politischer Ebene und China auf wirtschaftlicher. Auch Akteure wie die Türkei sind deutlich aktiver. In dem Kontext ist es auch bemerkenswert, dass die BRICS + Staaten „den Westen“ überholt haben.

Nach dem Abzug der Vereinten Nationen zum 31.12.2023 aus dem Sahel und dem Ende des UN-Mandats MINUSMA entsteht ein gefährliches Vakuum, in das Russland jetzt sogar mit regulären Truppen seines „Africa-Corps“ und nicht wie zuvor nur mit Wagner-Söldnern eingreift.

Während Russland im letzten Jahr 2023 größter militärischer Waffenlieferant auf dem afrikanischen Kontinent geworden ist, baut auch China seinen Einfluss in gigantischem Maß aus.

Studien über die letzten 20 Jahren zeigen den dramatischen Rückgang der wirtschaftlichen Projekte auf dem afrikanischen Kontinent.

Wie sehr sich Russland autokratische Verbündete in Afrika besorgt, hat die ZEIT in dieser interaktiven Karte treffend dargestellt: Russlands Verbündete : Putins Freunde | ZEIT ONLINE

Die geopolitische Strategie Russlands in Sub-Sahara-Afrika ist der Kampf mit Migranten. Russland nutzt seinen Einfluss entlang der Mittelmeer-Routen den Migrationsdruck auf den Süden Europas massiv auszubauen. Durch die Aufkündigung des Flüchtlingsdeals der EU mit den G5-Sahel vor wenigen Wochen, ist mit einem starken Anstieg der Geflüchteten aus dem Sahel im Jahr 2024 zu rechnen.

Die Strategie der Akteure ist dabei ein hybrider Krieg mit Migranten, die die politische, fragile Situation in der EU unter Druck setzt, so dass sich die politischen Systeme europäischer Länder nach Rechts bewegen. Der Plan funktioniert aktuell hervorragend, denn die Debatte um Remigration und Deportation in Deutschland zeigt die Anspannung, die in allen europäischen Ländern mit Angst vor Migranten aus Afrika geschürt wird.

Russland nutzt diese hybride Kriegsführung in einer perfiden Art und Weise durch Desinformationskampagnen, in der vor allem die junge Bevölkerung Sub-Sahara-Afrikas gegen post-kolonialistische Strukturen und Länder wie Frankreich aufgehetzt werden. Russland führt diesen hybriden Krieg von #Desinformation schon seit längerem mit riesigem Ausmaß. Das findet z.B. über Cartoons und News statt, die auf #TikTok und #Facebook und in Chats wie Telegram massenhaft geteilt werden und dessen Konsumenten vor allem junge Menschen sind, bei denen sich diese Propaganda extrem verfängt und die letztlich auch die Staatsstreiche initiierten.

Ich teile hier ein französisch-sprachiges Video (die Auszüge aus den Desinformationskampagnen die von russischen Hackern und Trollfabriken produziert wurden):

Diese Videos werden millionenfach auf den Telefonen von jungen Menschen geteilt und münden mit großem „Erfolg“ in eine anti-europäische Stimmung und eine Begeisterung für Russland, die maßgeblich an den letzten Militärputschen im Sahel mitverantwortlich sind. Diese Entwicklung ist noch nicht zu Ende. Die nächsten Länder befinden sich im freien Fall.

Diese Entwicklung wird in Deutschland überhaupt nicht wahrgenommen. Von unseren Gesprächen in Mali, Niger, Tchad und Burkina Faso mit Kreisen der Militärs wissen wir, dass sich die neuen Machthaber insbesondere von Deutschland viel mehr aktiven diplomatischen Kontakt wünschen, doch die deutsche Außenpolitik versteckt sich fatalerweise hinter Frankreich und Macron. Zu groß ist die Angst in Berlin, den mächtigen Nachbarn in Europa zu verlieren oder zu verärgern.

Die vermeintlich armen Länder wie Mali, Niger, Tchad, Burkina Faso spielen wirtschaftlich für Deutschland keine Rolle. Was dabei massiv unterschätzt wird ist, dass 90% der westafrikanischen Fluchtrouten zum Mittelmeer über diese Länder erfolgen und hunderttausende Geflüchtete die südlichen EU-Grenzen fluten.

Vergleicht man die Herkunft der Geflüchteten aus Sub-Sahara-Afrika auf dem Weg nach Europa wird frappierend klar, dass es genau die Länder sind die Russland bereits als militärische Partner infiltriert hat. Wirtschaftshilfe oder Unternehmen bringt Russland in seinen Flugzeugen nicht mit, sondern Russlands „Hilfe“ fokussiert sich auf die Sicherung der autokratischen Machteliten in den Zielländern, die dann ihre Beziehungen zum Westen und zur EU zerstören. So strömen Millionen Menschen aus der Region nach Europa. Ganz aktuell werden alte Schlepperrouten, die in den letzten Jahren durch gezielte Vereinbarungen zwischen der EU und den Sahel-Ländern getroffen waren, wieder geöffnet.

Ausblick 2024

In 2024 erwartet uns daher, passend zu den Wahlen in vielen Ländern eine regelrechte Massen-Migration aus dem Sahel, die letztlich an vielen Stellen auf die hybride Kriegsführung Russlands zurückzuführen ist. Der Einfluss Russlands auf mittlerweile 19 afrikanische Staaten destabilisiert Europa in seinen Grundfesten, denn es entzweit die EU-Länder von innen, in dem es die Bevölkerung der Nationalstaaten spaltet.

Das sehen wir überall in Europa durch den Siegeszug der Rechten, die ihrerseits enge Verbindungen zu Russland pflegen. Pegida, Front National, Ungarns Premier Orbán: Russland unterhält enge Kontakte zu Europas Rechten. Bei Europas Rechtsextremen wird ein Symbol immer populärer: die russische Fahne. Sie flattert über den Köpfen von Anhängern der italienischen Lega Nord, bei Pegida in Dresden und wird von Neonazis im sächsischen Heidenau - in leicht abgeänderter Form - getragen.

Denn Russland hat ein enges Netz zu rechten Bewegungen in Europa gesponnen. Auf dem Parteitag von Marine Le Pens Front National war ein Abgesandter aus Moskau Ehrengast: Andrej Isajew, Führungskader der Kreml-Partei „Einiges Russland“ und Vize-Sprecher der russischen Staatsduma. Niederlande, Italien, Deutschland – in vielen Ländern Europas reiten Rechtspopulisten auf einer Welle des Erfolgs.

2024 ist ein wichtiges Wahljahr in Europa. Am 9. Juni stehen die Wahlen zum EU-Parlament an. Die Rechtspopulisten und Rechtsextremisten wollen dabei die Zahl ihrer Mandate massiv ausbauen. Bei den im Herbst 2024 in Deutschland anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen könnte die Regierungsbildung wegen der zu erwartenden Stärke der AfD sehr schwierig werden. Gelingt es Putin durch Migrations-Wellen aus Afrika die Stimmung in der EU zugunsten der Rechten zu drehen, zerfällt unsere politische Einigkeit in der Ukraine.

Gleiches gilt für die bevorstehende Wahl in den USA, die zu einem Stopp der Militärhilfe für die Ukraine führen könnte. Auch für den Einfluss des Westens auf dem afrikanischen Kontinent wäre eine Wiederwahl von Trump das Aus. Denn die USA engagieren sich humanitär sehr stark in Afrika.

Was bedeutet diese Entwicklung ganz konkret für Africa GreenTec?

Unser Unternehmen ist im Prinzip politisch neutral, aber auch wir sind unmittelbar betroffen, da z. B. Sanktionen der EU massiven Einfluss auf Fördermittel, auf Logistik und auch auf Geldtransit haben.

In den letzten beiden Jahren hatten bereits zwei geopolitische Ereignisse direkten Einfluss auf unsere Arbeit.

Rückzug aus dem Tchad im Jahr 2022

Aus dem Tchad mussten wir uns bereits 2022 endgültig zurückziehen nach der von Russland unterstützten Rebellion 2021, die zum Tod des Präsidenten führte. Aufgrund von unseren Investitionen in die mit dem Präsidenten geschlossenen Verträge mussten wir in unserer Bilanz 2022 massive Verluste verbuchen.

Crowdinvestoren haben Zugang zum ausführlichen Bericht über den Rückzug aus dem Tchad: https://community.africagreentec.com/t/wirtschaftliche-konsequenzen-aus-dem-rueckzug-im-tschad-vertraulich/539

In meiner im Oktober 2021 veröffentlichten Keynote „The Dark Side of Beeing a Social Entrepreneur“ habe ich die Ereignisse auch zusammengefasst.

Teilrückzug aus dem Niger im Jahr 2023

Dies beeinflusste in 2023 auch massiv unsere Arbeit in Niger, speziell nachdem die von Russland unterstützten Putschisten Präsident Bazoom im Juli 2023 entmachteten. In Folge dessen haben wir Finanzierungen und Projekte in Millionen-Höhe verloren.

Sicherheitslage im Sahel

Wir haben für uns die Konsequenzen daraus gezogen und fokussieren uns derzeit mit Ausnahme von Mali auf Länder und Projekte außerhalb der Krisenregionen, insbesondere den Senegal und Madagaskar. Da wir in Mali die meisten Standorte mit Mini-Grids haben, versuchen wir das Land, unsere Mitarbeiter und Kunden in der Zivilgesellschaft weiter durch eine nachhaltige Energie- und Wasserversorgung zu unterstützen, wenngleich die Lage im Land immer schwieriger wird. Derzeit gibt es in den großen Städten Malis 16-18 Stunden Stromausfälle. Die Zivilgesellschaft und staatliche Ordnung ist vielerorts zusammengebrochen. Am 31.12.2023 sind die letzten Truppen der Vereinten Nationen abgezogen. Seitdem steigen auch die Anschläge der Terrorgruppen weiter stark an.

Die Aufmerksamkeit der europäischen Öffentlichkeit ist zwar aktuell auf die Ukraine und Israel gerichtet, meiner Meinung nach fatal, denn auch 2024 wird der Hotspot des Terrorismus in Westafrika und der Sahelzone sein.

Austritt aus der Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS

Am 28. Januar 2024 sind die Regierungen von Burkina Faso, Niger und Mali aus dem Staatenverbund Ecowas ausgetreten.

Wirtschaftssanktionen gingen Ecowas-Austritt voraus

Alle drei Sahelstaaten werden derzeit von Militärs regiert. Im Juli 2023 war es zunächst im #Niger zu einem Militärputsch gekommen, woraufhin die Ecowas Wirtschaftssanktionen verhängte und mit einem Militäreinsatz drohte. Im Dezember erkannte Ecowas die Militärjunta in Niger als Regierung an, hielt aber weiter an den Sanktionen gegen das Land fest.

Auch die Nachbarländer #Burkina Faso und mali sind nach Regierungsumstürzen von der #Ecowas suspendiert. Im September 2023 hatten sich die drei Regierungen daher zu einer Allianz der Sahel-Staaten kurz l’Alliance des États du Sahel kurz AES zusammengeschlossen. Das Abkommen ermöglicht es, gegenseitigen militärischen Beistand zu leisten. Mali, Burkina Faso und Niger arbeiteten zuletzt verstärkt mit Russland zusammen.

Ecowas ist wichtiger Partner vor allem für Europa

Nach dem Austritt der drei Länder besteht die Ecowas-Gemeinschaft nun nur noch aus zwölf Mitgliedsstaaten. Ecowas wurde bereits 1975 gegründet und hat seit längerem Ambitionen, die über eine reine Wirtschaftszusammenarbeit deutlich hinausgehen. Die Gemeinschaft gilt als wichtigster Partner in der Region, insbesondere für europäische Länder.

Im vergangenen Jahr kündigte Deutschland einen Ausbau der Beziehungen zur Ecowas an, insbesondere in den Bereichen Friedensentwicklung und Krisenprävention, Energieeffizienz, Handel und nachhaltige Lieferketten sowie Gesundheitsvorsorge. Dafür stehen nach Angaben des Entwicklungsministeriums rund 81 Millionen Euro zur Verfügung.

Bedeutung des Austritts für die Projekte und Finanzierungen von Africa GreenTec

Der Austritt aus der ECOWAS könnte auch massiven Einfluss auf unser Unternehmen haben, da insbesondere unsere Anleihe in Mali auf Basis eines festen Wechselkurses kalkuliert ist. Inwieweit Folgefinanzierungen noch abgewickelt werden können, ist derzeit nicht absehbar, denn durch den Austritt aus der Wirtschaftsunion werden auch die Zugehörigkeit zur Zentralbank und der Zugang zu Devisen erschwert.

Präsidentschaftswahlen im Senegal ausgesetzt

Der Senegal gilt bislang als eine der stabilsten Demokratien Afrikas. Überraschend hat Präsident Macky Sall am Sonntag, den 4. Februar 2024 die für den 25. Februar 2024 angesetzten Präsidentschaftswahlen auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. In Folge kommt es in den letzten Tagen zu Ausschreitungen.

Der Senegal stand kurz vor der nächsten Wahl. Doch die Kandidatenliste sorgte für erheblichen Unmut. Menschenrechtler beobachten seit mehreren Jahren, wie Sall der Opposition das Leben schwer macht. Die Regierung greift Politiker durch Gerichtsverfahren gezielt an. Bis zu 1000 Oppositionelle sowie Aktivistinnen und Aktivisten sind seit März 2021 festgenommen worden.

Seit der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960 hat es im Senegal nach Wahlen vier Mal einen weitgehend friedlichen Machtwechsel gegeben. Sall ist der vierte Präsident des Landes an der Atlantikküste, das im Osten an den von Terrorismus und Instabilität heimgesuchten Sahelstaat Mali grenzt.

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Danke Torsten für die Einblicke!

Was online und in Deutschland/Europa an Beeinflussung passiert, bekommt man gut mit. Die globale Dimension ist nochmal heftiger. Vor allem sieht man, dass es mit durch Perspektivlosigkeit der Bevölkerungen in manchen Ländern noch einfacher ist als in Deutschland, seine Interessen mit Desinformation/Propaganda zu erreichen.

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Danke für diese tiefgehenden Infos. Man kann sich auch als Mitteleuropäer, auch wenn man seine Informationen aus seriösen Quellen bezieht, oft kein wirkliches Bild der Situation in Afrika oder sonstwo ausserhalb des globalen Nordens machen.

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Update zur geopolitischen Situation im Sahel/ Wahl im Senegal

Die offiziellen Ergebnisse für den Ausgang der Wahlen im Senegal werden für Freitag erwartet. Zur Einordnung der aktuellen Entwicklung hier eine persönliche, subjektive Einschätzung von mir vorort.

Nach den innenpolitischen Krisen der letzten Monate fand die Wahl unter der Beobachtung internationaler Wahlbeobachter gestern im Senegal statt.

:heavy_plus_sign: Trotz des kurzfristig anberaumten Termins und des aktuellen Ramadan-Fastenmonats (die Menschen trinken und essen tagsüber nichts, trotz Temperaturen von über 40 Grad) war die Wahlbeteiligung sehr hoch

:heavy_plus_sign: Die Wahlen fanden frei und ohne Repressionen statt, obwohl die Angehörigen des Militärs (die bei den letzten Wahlen in der Regel eine Woche vorher wählen gehen) ebenfalls wählen gingen.

Nach der Einschätzung der meisten Experten mit denen ich heute gesprochen habe, zeichnet sich ein sog. „Erdrutsch-Sieg“ der mittlerweile verbotenen Partei EX-Pastef von Ousmane Sonko und seinem Stellvertreter Faye ab. Sonko durfte aufgrund einer -als politisch motivierten- Vorverurteilung „wegen Verführung Minderjähriger“ nicht selbst als Kandidat antreten.

Faye (44) scheint nach aktuellen Nachrichten und Wahlbeobachtern bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht zu haben. In manchen Wahlbezirken ist von 80% der Stimmen die Rede.

Was bedeutet ein Sieg der Opposition für die weitere Entwicklung des Landes, was sind die Wahlversprechen und die politische Ausrichtung der Anhänger Sonkos?

Sonko und Faye sind beide ehemalige Mitarbeiter bei der Steuerfahndung des Senegals. Sie vertreten einen sehr linken, nationalistischen Kurs. In Deutschland wäre Sonko vermutlich am Besten mit Sarah Wagenknecht vergleichbar. Die politische Bewegung eine Mischung aus linken und nationalistischen zum Teil sehr populistischen, anti-westlichen Elementen.

Die politischen Forderungen von Ousmane Sonko sind:

  • Er will die Macht des Staatspräsidenten beschneiden und damit dem Missbrauch der Verfassung durch Machthaber, die von ihrer Unantastbarkeit überzeugt sind, ein Ende setzen. Sein Hauptziel ist es, mit dem „kolonialen System“ zu brechen, das seiner Meinung nach fortbesteht.

  • Seiner Meinung nach müssen die Mittel für eine unabhängige Nationalversammlung bereitgestellt werden, aber auch für eine freie Justiz, die vom Justizministerium abgetrennt wird, damit die drei Gewalten (Exekutive, Legislative, Judikative) autonom arbeiten können.

  • Die Staatsanwaltschaft wird nicht mehr dem Justizministerium unterstellt sein. Der Präsident der Republik muss zwingend von der Führung seiner politischen Partei zurücktreten, um sich voll und ganz auf sein Amt zu konzentrieren und aus den parteipolitischen Kontingenzen herauszukommen.

  • die Verwaltung der Staatsgeschäfte durch Familien und Clans, die nichts anderes als Vetternwirtschaft ist, muss aufhören

  • Nach ihrer Machtübernahme verspricht Sonko die staatlichen Kontrollinstanzen wie die IGE (Generalinspektion des Staates), die OFNAC (nationales Amt zur Betrugsbekämpfung), den Rechnungshof usw. zu stärken, damit kein Präsident der Republik seine Leute durchsetzen kann, um u.a. die Kontrolle über diese Kontrollinstitutionen zu erlangen.

  • Sonko ist der Ansicht, dass eine Ausschreibung für eine Vorauswahl für die Generaldirektoren und andere höhere Posten, die vom Präsidenten der Republik ausgewählt werden, notwendig ist, da es unter den Senegalesen im Inland und in der Diaspora sehr viele Menschen gibt, die über Wissen und Können in vielen Bereichen verfügen.

  • Ousmane Sonko verspricht, dass seine Regierung nicht mehr als 30 Mitglieder haben wird’, und macht gleichzeitig deutlich, dass er mit schwarzen Kassen des Präsidenten nicht einverstanden ist.

Ein neues Wirtschaftsmodell

  • Ousmane Sonko, der einen Bruch mit dem Kolonialsystem anstrebt, schlägt ein neues Wirtschaftsmodell vor, das auf der Substitution von Importen und der Förderung des Exports von Fertigwaren beruht. Ziel ist es, den Export von Rohprodukten, die nicht verarbeitet werden und nur eine geringe Wertschöpfung aufweisen, zu beenden und die Importe von Gütern des täglichen Bedarfs (Reis, Milch, Zucker, Öl usw.) drastisch zu reduzieren

  • Dasselbe gilt für Erdölprodukte, Bekleidung, Textilien, pharmazeutische und kosmetische Produkte, Kunsthandwerk, chemische und parachimische Produkte. Sonko schlägt vor, den massiven Export von frischen, unverarbeiteten Produkten, darunter Erdnüsse, Rohöl, Phosphat, Gold, Fischereierzeugnisse, Baumwolle, Gartenbauerzeugnisse und Erdöl, allmählich umzukehren. Das Ziel besteht darin, von dem Status eines Verbrauchers, der seit mehr als 60 Jahren ausschließlich Verbraucher ist, zu dem eines Produzenten und Verbrauchers überzugehen.

  • Er schlägt Lösungen vor, um dem Kolonialsystem und den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) mit der Europäischen Union entgegenzuwirken. Dazu gehört beispielsweise die Ansiedlung von multinationalen Handelskonzernen wie Auchan und Co, die unaufhaltsam kleine und mittlere Unternehmen im Agrar- und Ernährungssektor zerstören. Diese internationalen Konzerne sollen durch eigene, lokale Unternehmen ersetzt werden.

  • Laut Sonko verbirgt dieses System vor allem die Einmischungsmacht, die er der Europäischen Union durch das Programm WPA für Entwicklung geben wird. Es soll abgeschafft werden.

  • Die europäischen Länder haben laut Sonko mit dem CFA-Franc einen zu mächtigen Hebel, um ihre Forderungen zu diktieren und die Änderung einer bestimmten Steuervorschrift oder eines anderen Arbeitsgesetzes zu verlangen. Er schlägt daher eine schrittweise Abschaffung des CFA-Franc vor. Wie die Putschisten in Mali, Niger, Guinea und Burkina Faso soll es eine panafrikanische Währung geben.

  • Weitere Kernthemen sind: Industrialisierung, Erziehung zu Patriotismus, Kultur und Arbeitskult, Ethik und Bürgersinn.

Was bedeutet der Gewinn der Opposition für die Arbeit von Africa GreenTec?

Darauf gibt es heute noch keine Antwort. Persönlich und auch privat kann ich viele Forderungen verstehen und den Frust der Menschen auf ein post-kolonialistisches System.

Unklar ist wie sehr sich die nationalistischen, patriotistischen Strömungen in der Bevölkerungen in Ausländerfeindlichkeit oder Fremdenhass umschlagen.

Für internationale Investitionen wird der Umgang mit der an den Euro gekoppelten, aber von vielen Ländern mittlerweile verhassten Währung CFA-francs (Colonies francaises africaines francs) eine wichtige Rolle spielen.

Allerdings stehen viele neue Partner bereits in den Startlöchern, wie in Mali, Niger, Burkina Faso bieten sich Russland, die Türkei, China, Indien und andere BRICS-Staaten an, aber auch Saudi-Arabien, Katar und andere Golf-Staaten versuchen ihren Einfluss zu stärken, das aufgrund der gemeinsamen Religion des Islam auch wichtige Verbindungen gibt.

Ein weiterer Konflikt droht aus dem internationalen Terrorismus, der sein Einflussgebiet unbedingt „zum Meer“ ausweiten möchte. Instabilität in den nächsten Wochen könnte ein gefährliches Vakuum erschaffen.

Sonko hat bereits angekündigt alle großen Projekte aus der Regierungszeit von Präsident Macky Sall auf den Prüfstand zu stellen und neue zu verhandeln.

Es wird auf alle Fälle einige Monate dauern, bis dieser Richtungswechsel sich in der Adminstration, Verwaltung, in der Logistik, den Behörden etc. vollzogen ist.

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Das klingt nicht gut. Ich fürchte, es stehen schwere Zeiten bevor, für AGT und für Dich und Deine Familie. Bleibt behütet!

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Viele der Ziele der neuen Machthaber kann ich nachvollziehen.
Es wurden wirklich viele Fehler gemacht. Ich hoffe man erkennt das Africa GreenTec einen wirklich guten Ansatz hat. Und den Leuten vor Ort zu gute kommt…. und es für Euch eher auf - den abwärts geht

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Disclaimer:
Diesen Beitrag schreibe ich als Einzelperson und nicht mehr in meiner vorherigen Funktion als Vorstand von Africa GreenTec AG. Ich bin kein operatives Mitglied des Unternehmens mehr und dieser Beitrag ist daher eine Meinungsäußerung.

Was passiert gerade im Sahel und wie wirken sich die Wahlen in der EU und ggfs. in den USA auf die geopolitischen Entwicklungen in der Region aus?

Ich habe heute bei LinkedIn einen bemerkenswerten Beitrag geteilt, dass Russland in Mali eine 200 MW große Solaranlage baut. Das wäre - sollte sie umgesetzt werden - die größte Freiflächenanlage Westafrikas.

10 Jahre haben Aida und ich für dezentrale Energie im Sahel gekämpft. Unser Hauptproblem war immer nur die Finanzierung. Immer wieder haben wir auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht, bitte in dezentrale Energieerzeugung zu investieren, um die Länder aus ihren tiefen Krisen herauszuholen.

Ich weiß nicht, wieviele Projekte wir geplant und auch in Berlin vorgestellt haben, auch der Politik und institutionellen Investoren. Kaufmännisch gab es keinerlei Gründe große Solaranlagen und Speicher „nicht zu bauen“. Die Strompreise liegen weit über 0,30 €/kWh in den Sahel-Ländern, im nahen Osten werden große Solaranlagen mittlerweile bei einem Einspeisetarif von 0,03 €/kWh gebaut. Dass man funktionierende Anlagen auch in Kriegsregionen bauen und betreiben kann, haben wir mit Africa GreenTec immer wieder bewiesen.

Dass jetzt ausgerechnet die russische Wagner-Gruppe in Mali den Weg für die größte Solaranlage Westafrikas frei macht, ist bitter und sollte dem Westen zu denken geben, denn Russland liefert nicht nur Waffen, sondern verändert jetzt mit Investments in erneuerbaren Energien nachhaltig seinen Einfluss auf die Staaten auf dem afrikanischen Kontinent. Etwas was wir in Europa seit Jahren hätten tun können.

Flagge Senegal Senegal

Der Senegal hat bis auf weiteres „die Kurve“ gekriegt und durch die friedlich abgelaufene Wahl sowie den Übergang zur Opposition droht dort derzeit nach meiner Einschätzung kein Militärputsch. Was aber zu erwarten ist, dass sich auch der Senegal neuen Partnern aus dem BRICS Plus Verbund, wie China, Saudi-Arabien, Katar, Russland, Türkei, Brasilien, Iran etc. öffnet.

Da die neue Regierung (noch) keine Regierungs-Erfahrung hat, sind aktuell alle staatlichen Strukturen gelähmt. Die Vorgängerregierung, die knapp 12 Jahre an der Macht war, ist natürlich auch tief in den Behörden verwurzelt. Die neue sehr junge Bewegung „Pastef“ von Ousmane Sonko besetzt derzeit alle Schlüsselpositionen neu.

Dadurch stehen viele (große) Projekte im Moment „still“. Die neue Regierung (Präsident und Premierminister sind beide Steuerprüfer) führt derzeit bei allen internationalen Projekten Audits durch. Die neuen Entscheider, die von der neuen Regierung an den Schlüssel-Positionen eingesetzt werden, sind sehr vorsichtig und werden Monate brauchen sich einzuarbeiten. Da viele der Führungskräfte darunter noch dem „alten“ System angehören, ist erstmal nicht mit einer guten „Kooperation“ zwischen den alten Partei-Kadern und den neue Machthabern zu rechnen.

Spannend in Westafrika wird die weitere Entwicklung in Cote d´ivoire (Elfenbeinküste) sein. Dort regiert aktuell eine der letzten „Marionetten“-Regierungen Frankreichs. Der Langzeit-Herrscher Alassane Ouattara will sich 2025 mit der Unterstützung Frankreichs zu einer 4. Amtszeit wählen lassen (Die Verfassung lässt 2 Amtszeiten zu).

Die politische Entwicklung in Frankreich und auch anderen europäischen Staaten wird leider weiter dazu führen, dass sich Europa nicht stärker sondern eher weniger um eine enge Zusammenarbeit mit den afrikanischen Staaten bemühen wird. Die politische Linie nicht mit Putschisten zu verhandeln, ist zwar einerseits nachvollziehbar, öffnet aber Tür und Tor für autokratische Staaten, die keinerlei Skrupel haben.

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@Klimakrieger danke für diese geopolitische Einordnung, die wir so nicht vom ÖRR erhalten.

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Gerade auf diese Nachricht gestoßen

Ist das ein kleiner Lichtblick?

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Hallo @98x

ehrlich gesagt nein, bzw. die Frage müsstest du präziser stellen: „Lichtblick wofür“? Werden sich diese Staaten nach westlichem Vorbild entwickeln? Nein.

Die aktuelle pan-afrikanische Bewegung ist links-patriotisch und vergleichbar mit den revolutionären, kommunistischen Bewegungen der 60 und 70er Jahre, angelehnt an Vorbilder wie Che Guevara, Thomas Sankara.

Die Militärregierungen haben den Bruch mit externen Partnern und Unterstützern mit aller Konsequenz vollzogen, mit dem berechtigten Hinweis darauf, dass die bis­herige Unterstützung nicht zielführend gewesen sei. Die malische Regierung hat sich mit der parastaatlichen Söldnertruppe Wagner bzw. mit Russland einen militä­rischen Partner gesucht, der ihren Anforderungen besser entspricht. Diesem Beispiel haben sich Burkina Faso und Niger zwischenzeitlich ange­schlossen.

Derzeit erhöht sich zwar der innenpolitische Druck nach Wahlen auf die Militär-Juntas in allen Sahel-Staaten, da dem Senegal gelungen ist, eine radikale Opposition von Ousmane Sonko im ersten Wahlgang zu wählen.

Das ist nach meiner Einschätzung aber zunächst keine positive Nachricht - im Gegenteil. Experten und Beobachter erhoffen sich derzeit zwar eine Vermittlerrolle des jungen, 37-jährigen Präsidenten Faye mit den jungen Offizieren & Putchisten Assimi Goita (41) in Mali und Ibrahima Traore (36), der sich selbst als Reinkarnation von Thomas Sankara versteht. Faye hat aber alle Hände zu tun, die völlig utopischen, kurzfristigen Erwartungen der jungen Bevölkerung des Senegals zu erfüllen.

In Senegal sind über 75% der Bevölkerung unter 35 Jahre alt.
Hohe Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung und informelle Beschäftigung sind weiterhin große Herausforderungen, insbesondere für diese Altersgruppe, Frauen und Menschen in ländlichen Gebieten. Die Zukunftsperspektiven junger Menschen sind begrenzt. Mangelnde berufliche Orientierung und fehlende unternehmerische Fähigkeiten sowie begrenzter Zugang
zum Arbeitsmarkt spielen dabei die wesentliche Rolle.

Tatsächlich gibt es deshalb aktuell eine Abspaltung der drei -von Miltiärregierungen geführten- Staaten Mali, Niger und Burkina Faso von den umliegenden Ländern, die allesamt ursprünglich die Staatengemeinschaft ECOWAS gebildet haben. Die drei Länder haben ihren Austritt aus dem Staatenverbund erklärt! -Anm. vergleichbar mit dem Brexit-

Nach dem Militärputsch in Niger im Juli 2023 hat sich diese Staatengemeinschaft auf Druck der EU, den USA und insbesondere Frankreichs zu einen extremen Schritt veranlasst gesehen und das war mit einer militärischen Intervention gegen den Niger zu drohen.

Daraufhin. haben die drei Militärregierungen die UN-Mission MINUSMA beendet, alle französischen Militäroperationen beendet und sogar der französischen Fluglinie, die bis dahin über 50% des Flugverkehrs in der Region durchgeführt hat die Lizenzen entzogen.

Vor kurzem kam es nun zur Gründung der Alliance du Sahel zwischen diesen drei Ländern (oben hellgrün), die sich vom westlichen Block der G7 und G20 losgesagt hat und sich nun offen um neue Partner aus den BRICS - Staaten bemüht.

Vor kurzem hat Mali die Errichtung eines 200 MW - Solarparks durch den russischen Energieriesen Rosatom bekanntgegeben:

Was künftig mit den riesigen Uranvorkommen des Niger passiert kann man sich sicher auch ausmalen, jetzt wo sich die Sahel-Staaten offen an die Seite Russlands stellen.

Die drei Sahel-Staaten befinden sich jetzt in einem offenen, geopolitischen Stellvertreter-Konflikt zwischen dem Westen, vertreten durch einige wenige Länder der ECOWAS (im wesentlichen nur noch Benin und Cote d´ivoire) und Russland und China auf der anderen Seite, die sich zusammen mit dem Iran zu einer neuen Allianz zusammengeschlossen haben.

Kurz darauf hat die USA ihre größte Basis auf dem afrikanischen Kontinent in Niger/ Agadez aufgeben müssen.

Fazit:
Wir erleben im Sahel eine Spaltung und einen „Systemchange“ noch nicht absehbaren Ausmaßes, der die Hegemonie des Westens ablöst.

sahelzone

Was sich die neuen Machthaber in den Sub-Sahara-Staaten vorstellen und wie groß der Wunsch nach dem Lösen postkolonialistischer Fesseln ist, kann man nur verstehen, wenn man vorort die Ethniensprachen spricht und die Diskussion der jungen Menschen in den Straßen und Gassen der Vororte der Mega-Citys Afrikas zuhört. Diese Dialoge werden nicht öffentlich und schon gar nicht in den Leitmedien des Westens oder Europas.

Diese aktuelle Rede von Ibrahima Traoré spiegelt diese neue Vision der jungen Afrikaner wieder und zeigt die Selbstbestimmung, die man jetzt vorlebt:

Ausblick und Handlungsoptionen (für deutsche Außen- und Verteidigungspolitik)

Innenpolitisch ist die Lage ungewiss. Offiziell befinden sich Mali und Burkina Faso weiterhin in einer Transition, die ursprünglich 2024 zu Wahlen führen sollte. In der Praxis haben beide Regime das Vorhaben, qua Wahlen zur verfassungsmäßigen Ord­nung zurückzukehren, bis auf weiteres auf­ge­geben.

Die Regierung in Niger hat ihrerseits bisher keine belastbaren politi­schen Ziel­setzungen und programmatischen Ideen vorgelegt. Dies ist insoweit nicht über­raschend, als in Niger das Motiv der Krisen­bewältigung am wenigsten als Erklärung für den Putsch taugt.

Alle drei Regime schwimmen dank ihrer Mobi­lisierung nationalistischer Diskurse auf einer populistischen Welle, unterstützt durch Russland. Die Abgrenzung zu äußeren und inneren Fein­den bestimmt den politischen Diskurs. Die Wiedergestattung der Parteien ist daher nur ein scheinbares „Entgegenkommen“, innerhalb der Länder sind die Putchisten so stark und abgesichert, dass es keinen merklichen politischen Widerstand geben wird. Die Zivilgesellschaft hat viel zu viel Angst.

Weder innen- noch außenpolitisch liefern die drei Sahel-Regime aus deutscher und europäischer Sicht bislang Anknüpfungspunkte für einen politischen Dialog, ge­schweige denn für eine Kooperation. Inhalt­lich wie symbolisch in einem eklatanten Wider­spruch dazu steht, dass infor­mell vor Ort wiederholt geäußert wurde, mit Deutsch­land wolle man durchaus kooperieren. Dies müsste mit belastbaren Signalen und Schrit­ten unterlegt werden. Bislang jedenfalls geht der Trend eindeutig in die andere Richtung.

De facto haben die Europäer keine Hebel, um Regimewechsel zu beschleunigen oder den russischen Einfluss zurückzudrängen.

Es ist eine Vielzahl von Szenarien vorstellbar, die zu abrupten poli­ti­schen Veränderungen führen können. Dazu zählen juntainterne Konflikte und weitere Putsche, aber ebenso Machtübernahmen durch neue politisch-militärische Koalitionen oder erneute soziale Protestbewegungen, die angesichts ungebremster Krisen ent­stehen können. Jede dieser Entwicklungen kann politische Veränderungen, Tran­si­tio­nen sowie Kurswechsel bei der Wahl exter­ner Partner mit sich bringen. Die Wahr­schein­lichkeiten und Implikationen dieser Szena­rien sollten für jedes der drei Länder eruiert werden.

Einige Beobachter befürchten, dass sich weitere Länder der SAHEL-Allianz anschließen werden, darunter Tchad, Guinea, Camerun. Auch in Nigeria rumort es, ebenso in der zentralafrikanische Republik und in DR Congo.

Berücksichtigen müsste man mittelfristige Szenarien, die über den Fokus auf Akteur:innen hinaus­gehen. Denk­bar ist, dass eines oder meh­rere der Länder permanent auf einen Rumpf­staat zurückgeworfen werden, dessen Auto­ritätsansprüche sich nur noch auf die Haupt­stadt und einige wenige Dist­rikte oder Regio­nen erstrecken, es also zu einem Zerfall in Regionen, ähnlich wie in Somalia oder Libyen kommt. Dies würde Deutschland und die EU mit Blick auf Ziele, Instru­mente und Partner:innen mittelfristig vor neue Herausforderungen stellen.

Kurzfristig halten Berlin und Brüssel an ihrer Forderung fest, dass die drei Länder zu einer ver­fassungsmäßigen Ord­nung zurückkehren, auch wenn alle wissen, dass die aktuellen Transitions­prozesse keine Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen bedeuten werden.

Ich denke das Etap­pen­ziel lautet derzeit, den gegenwärtigen innen- wie außenpolitischen Ausnahmezustand zu überwinden. Die unilaterale Aufhebung eines Großteils der Sanktionen seitens der ECOWAS ist ein Testballon. Er wird zeigen, ob zumindest in Niamey, die Bereitschaft zu Verhandlungen und Kompromissen besteht.

Eine pragmatische Herangehensweise beinhaltet, die Handlungszwänge und die Popu­la­rität der Putschisten nachzuvoll­ziehen. Kurzfristig orientierte Realpolitik in Form politischer Anerkennung durch Deutschland und die EU sowie die ECOWAS und die Afrikanische Union (AU) käme allerdings einer Anerkennung verfassungswidriger Machtergreifungen gleich. Dies könnte zu künftigen Putschen ermuntern, die im Sahel nicht haltmachen werden und deutsche und europäische Erwartungshorizonte noch ungewisser machen. Wenig weist darauf hin, dass die Militärregime innen-, außen und sicherheitspolitischen Fortschritt versprechen.

Diplomatischer Austausch sollte in ange­messenem Rahmen fortgesetzt werden, um Gesprächskanäle offenzuhalten. Deutschland kann hier seine vergleichsweise gute Reputation im Sahel nutzen, sollte jedoch seinen Einfluss keinesfalls überschätzen, zumal die aktuelle Bundesregierung über sehr wenige gewachsene Netzwerke verfügt.

Die Entwicklungs­zusammen­arbeit wurde bereits massiv reduziert; es ist fraglich, ob sie in der aktu­ellen Lage flächendeckend Ergebnisse erzielen kann.

Sicherheits- und verteidigungspolitische Zusammenarbeit bietet unter den gegenwärtigen politischen Bedingungen keine Einwirkungsmöglichkeiten, sofern von den Putsch-Regimen selbst keine Kompromissbereitschaft aus­geht.

// Dakar, den 12-07-2024

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Danke für die tiefgehenden Informationen. Da kann man nur hoffen, dass die Bundesregierung / Frau Baerbock mindestens ebenso gute Informationen hat.

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Hallo Martin,

ich glaube, dass die Bundesregierung in den nächten 1,5 Jahren andere Prioritäten hat als den Sahel. Auch auf der Prioritätenliste anderer, internationalen Akteure steht die Region seit dem Einfluss von Russland nicht mehr auf der Agenda. Sollte es im November zu einer Wahl von Donald Trump kommen, der diese Länder mehrfach als „Shit Hole Countrys“ bezeichnet hat, werden auch die Projekte von US AID und UK AID zurückgefahren.

Mit der Wahl von LePen wird auch Frankreich -nach dem „Rauswurf“- seine Entwicklungszusammenarbeit massiv zurückfahren.

Während der ersten Amtszeit von Trump wurde die Entwicklungshilfe in Afrika nahezu vollständig zurückgefahren. Gleiches ist auch dann zu erwarten wenn ein noch faschistischerer und aggressiverer Trump an die Macht kommt.

Ich gehe davon aus, dass die öffentlichen Gelder westlicher Geber für den Sahel nahezu kollabieren werden.

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Hallo Zusammen,

wie erwartet fährt die Bundesregierung den Etat für die Entwicklungszusammenarbeit massiv zurück.

Leider eine absolut falsche Vorgehensweise. Gerade jetzt wo wir auf der Ebene der Außenpolitik mit den Ländern nicht in einem offiziellen Austausch mehr sind, müssten wir die zivilgesellschaftlichen Projekte stärken und fortführen. Viele Organisationen wie die Welthungerhilfe haben vorort über Jahrzehnte Netzwerke aufgebaut und sind oft die einzigen Akteure, die sich noch überhaupt um Menschen vorort bemühen.

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Das ist sehr traurig - aber da sind halt keine Wähler

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Das wird auch uns als Aktion Pro Afrika und vor allem unsere malischen Partner hart treffen. Der Eigenanteil bei einerFörderquote von 75% (statt zuvor 90%) ist jetzt schon schwieriger zu realisieren.

Keine Überraschung, dennoch ein Irrweg.

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Mit diesem Beitrag bin ich heute in den Sonntag gestartet.
Für solche Berichterstattung abseits vom Mainstream zahle ich meine Rundfunkgebühren gerne.
Ich werde Hr. Bergmann mal eine Mail schreiben und auch AGT erwähnen.
Liebe Grüße aus Gießen!

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p. s. Inzwischen hat Hr. Bergmann mir geantwortet und er wird sich AGT mal genauer anschauen.

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Die Sahelzone - Eine tödliche neue Ära in dem jahrzehntelangen Konflikt

Die neusten Daten der Konflikte, Angriffe und „Events“ aus dem Jahr 2023 sind in der Conflict Watchlist 2024 veröffentlicht worden. Der dschihadistische Aufstand steht dabei nach wie vor im Mittelpunkt der Krise in der Sahelzone und ist die Hauptursache für Unsicherheit und Instabilität und weiteren Zerfall der Region.

Lokale Nachrichten sind auf den Norden Malis gerichtet, obwohl mehrere Regionen in Zentralmali und Burkina Faso sowie die Region Tillaberi in Niger weiterhin am stärksten von der Gewalt betroffen sind.

So haben sich beispielsweise die Angriffe der JNIM gegen die [mehrheitlich ethnischen Dogon-Milizen Dan Na Ambassagou und andere Dozo -Jägermilizen verdoppelt, und die Zahl der gemeldeten Todesopfer hat sich im Vergleich zu 2022 verdreifacht.

Die Dozo-Milizen in der Macina-Region von Segou haben jedoch vor kurzem damit begonnen, sich neu zu organisieren und Vergeltungsmaßnahmen in Form von Massentötungen und Entführungen gegen ethnische Fulani zu ergreifen.

Obwohl diese „kommunalen Kriege“ von anderen Formen der bewaffneten Gewalt überschattet werden, haben sie sich im Laufe der Jahre zu besonders tödlichen und langwierigen Konflikten entwickelt.

In der zweiten Hälfte des Jahres 2023 kam es zwischen den aktivsten bewaffneten Gruppen, der JNIM und dem IS Sahel, zu einer Flaute bzw. zu sporadischen Kämpfen, wodurch ihre Ressourcen und Arbeitskräfte für Angriffe auf andere Ziele, insbesondere regierungsnahe Kräfte, frei wurden.

JNIM und IS Sahel führten Ende 2023 jeweils eine Reihe groß angelegter Angriffe auf Militärstützpunkte durch, bei denen Berichten zufolge etwa 200 Soldaten getötet wurden. Diese und andere Angriffe führten dazu, dass die zweite Hälfte des Jahres 2023 zu einer der tödlichsten Phasen der Gewalt seit Beginn der Krise im Jahr 2012 wurde.

Der wachsende Einfluss der Wagner-Gruppe (jetzt umbenannt in „Africa Corps“) und das zunehmende Engagement Russlands in der Region deuten darauf hin, dass sich die Söldnergruppe von Mali aus nach Burkina Faso und Niger ausbreiten könnte. Es gibt Hinweise darauf, dass in Burkina Faso eine Militärbasis für russische Truppen errichtet wird, während die nigrische Junta in dieser Frage gespalten zu sein scheint.

Im Norden Malis, wo die FAMa- und Wagner-Kräfte ihre Offensive fortsetzen, hat die Beteiligung Russlands direkt zur Brutalisierung des Konflikts beigetragen, da russische Söldner, oft an der Seite malischer Truppen, zahlreiche Gräueltaten begangen haben. Für westliche Akteure wird die Region zunehmend zur No-Go-Zone.

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Danke für die Einblicke.
Gestern Abend fand der Konflikt auch auf tagesschau.de Erwähnung:

Dutzende Soldaten und russische Söldner in Mali getötet | tagesschau.de

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Update 15-11-2024 | Dakar | Senegal

Afrikas neue „Panafrikanismus“ - Unabhängigkeitsbewegung

Nach über 3 Monaten in Deutschland bin ich jetzt wieder im Sahel, in den letzten Tagen im Senegal und in den nächsten Wochen auch in den Nachbarländern. Aus Sicherheitsgründen werde ich erst zeitversetzt berichten.

Das Fundament der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) wackelt. Auslöser der aktuellen und sich verschärfenden Krise der Regionalorganisation sind deren Schwierigkeiten im Umgang mit den Militärputschen in vier Mitgliedstaaten seit 2020.

Anfang des Jahres habe ich ja bereits berichtet, dass die Militärregierungen in Burkina Faso, Mali und Niger in einem gemeinsamen Communiqué ihren Austritt aus der ECOWAS erklärten – ihr Hauptvorwurf: die Vereinnahmung der ECOWAS durch «ausländische Mächte».

Auch in Nachbarland Guinea brodelt es weiterhin, das Land ist ebenfalls von der Ecowas suspendiert und hat zahlreiche Militärputsche hinter sich. Erst Ende September gab es einen -von der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt- weiteren, vereitelten Kontra-Putsch gegen die Putschisten von General Doumbouya.

In seiner wechselhaften Geschichte erlitt Guinea viele Militärputsche zuletzt 2021. Die dadurch hervorgegangene aktuelle Regierung unter Mamady Doumbouya regiert wie auch die vorherigen Regierungen autoritär. Es kommt weiterhin regelmäßig zu schwerwiegenden Verletzungen der Menschenrechte.

Für mich ist Guinea sehr spannend, weil auch durch einen der größten, schwimmenden Dieselgenerator der Welt versorgt wird.

Was viele Leute nicht wissen, auch die Türkei nutzt aktuell das geopolitische Vakuum in Afrika für eine sehr aggresive und expansive Außenpolitik. Das türkische Unternehmen Karpowership versorgt etliche Staaten Afrikas mit schwimmenden Kraftwerken. Karpowership ist ein türkischer Hersteller, Betreiber und Eigentümer einer Flotte von Motorschiffen. Seit 2010 wurden 36 Kraftwerke mit einer installierten Gesamtleistung von über 6.000 MW fertiggestellt und weitere Kapazitäten befinden sich im Bau.

Irre solche Dinger…

Zurück zur Sicherheitslage, ich hatte darüber auch bereits bei LinkedIn berichtet.

Der Sahel bleibt auch durch die Wetterfolgen des Klimawandels einer der größten Krisenherde Afrikas mit dramatischen Folgen für die Migration.

Die Zahl der Todesopfer durch zivile Angriffe in der ersten Jahreshälfte 2024 ist in der Sahelzone im Vergleich zu den vorangegangenen Monaten weiter gestiegen, wie die Infografik der politischen Gewalt Mali, Burkina Faso und Niger zeigt.

Die Sicherheitslage in den drei Sahelstaaten Mali, Niger und Burkina Faso aber auch insbesondere im Tchad ist aber auch seit Jahren mit den Folgen des Klimawandels verknüpft. Die Länder in der Sahelzone sind extrem anfällig für Klimaveränderungen, die bestehende Konflikte verschärfen und neue Spannungen schaffen. Der Klimawandel trägt zu dieser Instabilität bei.

Im September starben über 1.000 Menschen durch Überschwemmungen, 1.7 Millionen wurden obdachlos.

Da die meisten Menschen weiterhin keinen Zugang zu Strom und sauberem Wasser haben werden die Konflikte immer kritischer:

:one: Verschlechterung der Lebensgrundlagen:
Im Sahel sind viele Menschen auf Landwirtschaft und Viehzucht angewiesen. Der Klimawandel führt zu Dürren, unregelmäßigen Regenzeiten und Wüstenbildung, was die Ernteerträge und die Verfügbarkeit von Wasser reduziert. Da die Ressourcen knapper werden, stehen Gemeinden in stärkerem Wettbewerb um das, was noch vorhanden ist. Das führt zu Konflikten, insbesondere zwischen sesshaften Bauern und nomadischen Viehzüchtern. Terrorgruppen machen sich das zu nutze und infiltrieren die Gesellschaften.

:two: Verstärkung ethnischer und sozialer Spannungen:
Die Konkurrenz um Land und Wasserressourcen verstärkt diese ethnische Spannungen. Nomadenstämme, wie die Peulh, geraten immer stärker in Konflikt mit ethnischen Gruppen, die sich auf den Ackerbau konzentrieren. Diese Spannungen werden durch den Klimawandel verschärft, da nomadische Gemeinschaften aufgrund von Wasser- und Weidemangel häufiger in das Territorium sesshafter Gemeinschaften eindringen. Das sehen wir überall im Sahel, von Mauretanien über Senegal, Mali, Niger, Burkina Faso aber auch ganz stark im Tchad und im Sudan.

:three: Radikalisierung und Rekrutierung durch extremistische Gruppen:
Extremistische Gruppen wie Al-Qaida und der Islamische Staat nutzen die Notlage der Bevölkerung und den mangelnden Zugang zu Ressourcen aus, um Rekruten zu gewinnen. Sie bieten finanzielle Unterstützung und Schutz an und nutzen die Unsicherheit für ihre Agenda aus. Die Versprechen auf eine bessere Zukunft durch radikale Gruppen finden bei denen Zuspruch, die durch den Klimawandel stark beeinträchtigt sind und von der Regierung seit Jahrzehnten keine Unterstützung erfahren.

:four: Erzwungene Migration und Urbanisierung:
Der Verlust an landwirtschaftlich nutzbarem Land und das Vordringen der Wüste führen dazu, dass viele Menschen gezwungen sind, ihre Dörfer zu verlassen. Diese Migration belastet die Infrastruktur der Städte und führt zu prekären Lebensbedingungen, die ihrerseits Konflikte und Kriminalität verstärken. Zudem verschärfen diese Wanderungsbewegungen die bestehende Unsicherheit und Überforderung der lokalen Verwaltungen.

Neuwahlen der Nationalversammlung im Senegal

Der frisch gewählte, junge Präsident hat Neuwahlen für einen „Systemwechsel“ ausgerufen. Bassirou Diomaye Faye wurde erst im März 2024 gewählt.

Präsident Bassirou Diomaye Faye will sich mit einer vorgezogenen Neuwahl die Mehrheit seines Lagers im Parlament des Senegal sichern. Knapp ein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt verkündete Faye die Auflösung der Nationalversammlung in Dakar und setzte Neuwahlen für den 17. November an.

Politische Beobachter gehen davon aus, dass Sonkos Partei PASTEF („Afrikanische Patrioten Senegals für Arbeit, Ethik und Brüderlichkeit“) angesichts seiner Popularität gute Chancen auf eine Mehrheit hat.gewählt.

Bis kurz vor der Wahl saß Faye zusammen mit seinem Parteifreund Ousmane Sonko, einem beliebten, aber extrem linkspopulistischen Politiker, im Gefängnis.

Sonko, der nicht antreten durfte, wurde jetzt Premierminister.

Im Wahlkampf versprachen die beiden unter anderem, Institutionen zu reformieren und für den Senegal ungünstige Rohstoffverträge neu zu verhandeln.
Seitdem stellen die Beiden das Land auf den Kopf.

Insbesondere das Verhältnis zu Europa und „dem Westen“ will die radikale Partei neue definieren. Seitdem ist auch für Ausländer das Leben im Senegal zunehmend schwieriger. So plant die neue Regierung die Einführung von Visapflichten für Europaer um die fast unmögliche Visapolitik Europas gegenüber Afrika zu spiegeln.

Es gibt viele Paralellen zu anderen patriotistischen Bewegungen überall auf der Welt. Sonko sieht sich als Speerspitze der neuen, linkspatriotistischen Panafrikanischen Bewegung.

In den ersten Monaten des Jahres 2024 hatte die vom neugewählten Präsidenten Bassirou Diomaye Faye eingesetzte Regierung alle Hände zu tun, die Ernährungskrise abzufedern. Hungerdemonstrationen wie in anderen Ländern konnten durch Subventionierung, Verhandlungen mit Importeuren und Kontrollen staatlich festgesetzter Preise vermieden werden.

78 Millionen Euro Kredit der Afrikanischen Entwicklungsbank wurden im Juni allein zur Entwicklung der Rinderzucht bereitgestellt.

Was Tourismuskonzernen und Immobilienentwicklern nicht gefiel: Die neue Regierung verfügte die Aussetzung von Pachtanträgen und die Einstellung von Bauarbeiten insbesondere in den großen Städten des Senegal.

Der Panafrikanismus ist eine politische, philosophische, kulturelle und soziale Bewegung, die sich für den Zusammenschluss, die Verteidigung der Rechte des afrikanischen Volkes und die Vereinigung des afrikanischen Kontinents zu einem einzigen afrikanischen Staat einsetzt.

Die Idee der Einheit bezieht sich sowohl auf die Menschen in Afrika als auch auf die Afrikanerinnen in der Diaspora. Die Theorie des Panafrikanismus wurde vor allem von Afrikanerinnen aus der amerikanischen Diaspora entwickelt.

Seit den Militärputschen gegen von Frankreich protegierten Eliten in den westafrikanischen Ländern breitet sich diese Bewegung insbesondere unter jungen Menschen sehr stark aus.

Die Kooperation mit afrikanischen Staaten wäre für Europa zentral – strategisch wie ökonomisch. Umso fataler, dass China, die Türkei und Russland ihren Einfluss dort stark ausbauen.

Die von mir sehr geschätzte Journalisin Bettina Rühl hat eine hervorragende Dokumentation über den extremen Einfluss Russlands in Afrika.

China-Afrika-Gipfel mit großen Zahlen und viel Politik

Beim jüngsten Treffen mit afrikanischen Staats- und Regierungschefs verspricht China erneut Milliarden. Statt einer neuen Strategie zeigt der Gipfel eher, wie China seine Stellung in Afrika vertieft.

In einer pompösen Veranstaltung in Peking hatte Xi Jinping ALLE! afrikanischen Länder zu Besuch.

China will die Zusammenarbeit mit Afrika ausbauen und wird dafür umgerechnet fast 46 Milliarden Euro bereitstellen. Das stellte Staatschef Xi Jinping auf dem China-Afrika-Gipfel in Peking in Aussicht. China investiert das Geld in den Bereichen Industrie, Landwirtschaft, Infrastruktur, Handel und Investitionen . Zusätzlich zu den Direktinvestitionen vergibt China über 35 Milliarden an Krediten an afrikanische Staaten.

Chinas Einfluss in Afrika wächst - und der Westen schaut zu. Welche Interessen verfolgt Peking?

Der Einfluss ist Teil von Chinas weltpolitischer Einflussnahme und Chinas Vorstellung einer „neuen Weltordnung“, Afrika ist Teil der maritimen Seidenstraße.

Die „neue Seidenstraße“ soll China zur Weltmacht Nummer 1 machen. Über ein globales Handelsnetzwerk entlang 65 Länder können so knapp Zwei Drittel der Weltbevölkerung erreicht werden. Bis 2049 soll die neue Seidenstraße offiziell fertig sein.

Chinas Investitionsoffensive mit dem Namen „Neue Seidenstraße“ hat in Afrika zum Bau von Häfen, Eisenbahnlinien, Flughäfen und Industrieparks geführt. Diese Projekte sollen Peking einen besseren Zugang zu den Märkten anderer Länder verschaffen. International wird die Initiative teils scharf kritisiert, denn
die chinesische Regierung gewährte afrikanischen Staaten in den vergangenen Jahren bereits Kredite in Milliardenhöhe zum Ausbau wichtiger Infrastruktur, die China anschließend selbst nutzt um seine Waren zu importieren.

Die Zinslasten schnüren nach Angaben der Afrikanischen Union den Spielraum in den Staatshaushalten für eigene Projekte ein. Kritikern zufolge treiben die Maßnahmen manche Empfängerländer in eine erdrückende Staatsverschuldung und Abhängigkeit von Peking. China ist inzwischen der größte Gläubiger afrikanischer Staaten und lehnt Initiativen zu deren Entschuldung bislang weitgehend ab.

Russland indes verkauft Waffen und Söldner um die Militärregierungen zu stützen.

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