Können sich die Menschen in Mali den Strom von Africa GreenTec überhaupt leisten?

Geniales Geschäftsmodell oder Pleite mit Ansage?

Der Focus hat über uns geschrieben:

Längst nicht das einzige Unternehmen, das Strom ins entlegene Afrika bringen will, hat sich Africa GreenTec mit 16 Millionen Euro in seinen sieben Jahren seit Gründung mehr Geld von Investoren geborgt als Konkurrenten. Damit betreibt das Unternehmen nach Angaben seiner Internetseite 15 ImpactSites. Vor allem in Mali, oft in Kleinstädten oder Dörfern.

Kosten im mindestens sechsstelligen Bereich - Africa GreenTech spricht auf seiner Internetseite von je 500.000 bis 750.000 Euro je ImpactSite - steht ein durchschnittliches Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Mali von unter 1000 Euro gegenüber, das in den armen Aktionsgegenden von Africa GreenTec noch niedriger liegen dürfte. Wie Anlagen in diesen Gegenden je ihre Kosten hereinholen sollen, erklärt Africa GreenTec nicht.

Natürlich erklären wir sehr genau wie wie dir die Kosten „hereinholen“. Ich habe dazu zB. den folgenden Artikel geschrieben:

https://community-staging.africagreentec.com/t/was-ist-ein-sozialunternehmen-spenden-investieren-subventionen-wie-funktioniert-blended-finance/609

Viel wichtiger ist aber, dass leider viele Journalisten wirklich keine Ahnung haben von der Materie und auch nicht von der Region in der wir seit vielen Jahren arbeiten.

Manche Zeilen -wie auch hier im Fokus- grenzen an Rassismus und Menschenverachtung. Es stimmt, das das Bruttoinlandsprodukt in Mali extremst niedrig ist und viele Menschen in bitterer Armut leben. Leider sind die Daten die zB. die Weltbank erhebt oft nur bezogen auf die Städte und beziehen Dörfer gar nicht mit ein, wie auch im ländlichen Bereich Sub-Sahara-Afrikas gibt es keine Steuern oder staatliche Statistiken. Geschäfte und Versorgung funktionieren zu fast 100% informell. Ein großer Teil der Menschen sind Analphabeten.

Ja das ist eine große Herausforderungen, aber genau darin sind wir so gut und „genial“, denn wir haben nach dem Besuch von hunderten Dörfern viel gelernt über die Kultur, die Menschen und ihre Sorgen, aber auch ihre großen Stärken.

In der Folge haben wir spezielle Kommunikationstools entwickelt um unser Angebot in den Dörfern zu erklären und die Menschen mitzunehmen auf ihrer Reise in die Stromversorgung.




Mit speziellen Plakaten gehen unsere Mitarbeiter wochenlang von Haustür zu Haustür und erklären unser Tarifsystem und wie es funktioniert.

Auch die Behauptung in der Presse, die Strompreise könnten die Menschen nicht bezahlen basiert auf der Unkenntnis der Zusammenhänge.

Diesen Zusammenhang haben wir bereits vor 7 Jahren auf unserem YouTube-Kanal thematisiert.

Das Video zeigt übrigens sehr schön die Anfangsjahre von Aida und meiner Basis-Arbeit, als wir mit den Menschen ins Gespräch gekommen sind und unser Geschäftsmodell entwickelten, auf der Basis der Bedürfnisse und der Realitäten der Menschen in den Dörfern:

Wenn sich heute ein Schweißer den Strom aus einem Dieselgenerator leisten kann, zahlt er umgerechnet etwa 1,20 Euro pro kWh. Wir haben das in all unseren Studien herausgefunden.

Der Diesel hält oft nur für 4 Std. am Tag, dann wird der Generator entweder zu heiß oder er muss neuen Diesel kaufen. Im Schnitt haben die meisten Handwerksbetrieb im ländlichen Afrika deshalb nur eine Produktivität von etwa 15%, wenn sie über Dieselgeneratoren verfügen. Handwerksbetriebe die gar kein Strom haben und alles mit der Hand machen, sind um den Faktor 7-10 unproduktiver.

Kann ein Schreiner zB. per Hand ohne Strom und ohne Maschinen pro Woche ein Bett herstellen oder einen Schrank, dann geht das mit elektrischer Energie, einer Kreissäge, Schleifmaschine um den Faktor 7 schneller. Er kann also sein Einkommen durch den Zugang zu einer verlässlichen Stromquelle mit der 8 Std. am Tag arbeiten kann sein Einkommen mehr als Verzehnfachen. Natürlich kann er sich dann auch den Strom leisten!

Unser aktueller Stromtarif in Mali:
Unser aktueller Stromtarif in Mali beträgt 0,22 € pro kWh am Tag (während die Sonne scheint) und
0,38 € pro kWh in den Abendstunden (wenn die gespeicherte Energie aus unseren Batteriespeichern ins Netz eingespeist wird). Der Strom aus Dieselgeneratoren liegt je nach Alter des Dieselgenerators bei über 1 € pro kWh mehr als 4 x so hoch.

Hier ein paar Einblicke in so eine Entwicklung und Lebensrealität, wenn Africa GreenTec ins Dorf kommt und was dann passiert:

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Sehr wichtiger Aspekt, der gern übersehen wird. Daher haben wir uns in vorherigen Artikeln diesem Thema inkl. Herleitung der Strompreise für verschiedene Länder auf Dieselbasis bereits genähert. Siehe hier:
https://community-staging.africagreentec.com/t/stromkostenvergleich-diesel-vs-erneuerbare-energien-agt/607?u=michael

(Thema nur für registrierte Nutzer einsehbar!)

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Ich habe am Freitag die Veranstaltung der SPD Hamburg-Mitte „ EU-AfriTech: Innovation und Unternehmertum auf und mit dem afrikanischen Markt“ besucht und musste feststellen, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben, um das Wissen über die wahren Lebensumstände in Afrika und speziell in Subsahara in die deutschen Köpfe zu bekommen. Erfreulich war, dass einige junge Teilnehmer mit afrikanischen Wurzeln sich vorstellen können ihre berufliche Zukunft auch auf dem afrikanischen Kontinent zu suchen und dies auch bereits tun. Nachhaltige wirtschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe wird es nur geben, wenn wir akzeptieren, dass die Geschwindigkeit sich immer an dem langsamsten Teilnehmer orientiert. Das Vertriebsmodell von AGT zeigen jedoch deutlich, dass durch Zugang zu Elektrizität ein Geschindigkeitsschub erfolgt und der ehemals Langsamste auf die Überholspur wechseln kann, wenn man ihn lässt…. Ich würde mich freuen, wenn noch mehr Menschen in Hamburg die enormen Möglichkeiten und Chancen erkennen und dem Namen „Tor zur Welt“ alle Ehre machen. Bis dahin muss wir mit AGT die Kohlen aus dem Feuer holen. Hummel-Hummel

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