Dieselgeneratoren versus Solarenergie?

Wie bewertet ihr die Rolle der Dieselgeneratoren, die vorwiegend in Subsahara-Afrika genutzt werden? Alle abschalten und durch Erneuerbare Energien ersetzen? Oder sind sie aktuell vielleicht doch noch eine sinnvolle Übergangslösung?


How do you assess the role of diesel generators, which are mainly used in sub-Saharan Africa? Should we shut them all down and replace them with renewables? Or are they perhaps still a sensible transitional solution at the moment?


Que pensez-vous du rôle des générateurs diesel, qui sont principalement utilisés en Afrique subsaharienne ? Devrions-nous les fermer tous et les remplacer par des énergies renouvelables ? Ou peut-être s’agit-il encore actuellement d’une solution transitoire sensée ?

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Aus Klimagründen (und natürlich auch aus Gründen des an Weltmarktpreisen gekoppelten Importes von Diesel) ist es natürlich sinnvolle, alle Diesel möglichst schnell zu ersetzen. Wie das aber lokal (auch unter der jeweiligen Sicherheitslage) möglich ist, wäre zu prüfen. Aber auch da macht Solarenergie mehr Sinn, denn sie ist nicht von Rohstofftransportwegen abhängig.

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Hallo Michael,

danke für deinen Beitrag! Generell stimme ich dir zu, dass eine Abschaltung aus vielerlei Hinsicht, vor allem aber aus der Sicht der verursachten Treibhausgasemissionen schnellstmöglich erfolgen sollte. Das hängt allerdings - auch da stimme ich dir zu - von vielen Faktoren ab.

In meinen Augen wird Afrika bei den internationalen Bemühungen hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung von manchen der beteiligten Parteien als eine Art „Spielwiese“ für den Ausbau von erneuerbaren Energien wahrgenommen. Der berühmte Leapfrog Effekt wird immer angepriesen, es wirkt alles sehr logisch und schlüssig - Afrika muss nicht dieselben Fehler machen, die wir schon hinter uns haben, um sich zu entwickeln. Kohle, Öl, Diesel überspringen, direkt zu Solar, Biomasse und Hydropower. So weit, so einfach.

Aber dabei wird oft außer acht gelassen, dass Afrika einerseits der Kontinent mit dem größten projizierten Bevölkerungswachstum ist und andererseits auch der Kontinent mit dem größten Prozentsatz der Bevölkerung ohne Zugang zu Elektrizität. Der Africa Energy Outlook 2019 der IEA prognostiziert, dass der Gesamtbedarf an Öl zwischen 2018 und 2040 von Afrika den von China im selben Zeitraum übertreffen wird. Wie passt das mit dem Leapfrog Effekt zusammen? Hat die IEA da etwas nicht mitbekommen?

Die Antwort lässt sich leichter finden, wenn auch die anderen Daten berücksichtigt werden. Es wird nämlich auch prognostiziert, dass über denselben Zeitraum der Primärenergiebedarf in Afrika, der aus erneuerbaren Energien gedeckt wird, sich von knapp 20 Mtoe 2018 auf über 200 Mtoe im Jahr 2040 steigern wird - das entspricht einer Verzehnfachung innerhalb von 22 Jahren. Und dabei sind weitere 200 Mtoe aus Biomasse noch nicht berücksichtigt.

Zum Vergleich dazu: Die generierte Primärenergie aus Erneuerbaren hat sich in Europa von ca. 90 Mtoe in 1998 auf über 200 Mtoe in 2018 gesteigert, also etwas mehr als verdoppelt. In diesem direkten Vergleich ist es auf jeden Fall angebracht, von einem Leapfrog Effekt für Afrika zu sprechen.

Allerdings werden in dem Szenario der IEA in 2040 insgesamt trotzdem nur knapp 20% des Gesamtenergiebedarfs aus Erneuerbaren (exkl. Biomasse) gedeckt. Öl und Kohle kommen auf über 460 Mtoe, ein gutes Drittel.

Das hat unter anderem neben dem Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum noch einen weiteren Grund: Den Klimawandel. Ein entscheidender Faktor bei diesem globalen Phänomen ist, dass ab einem gewissen Zeitpunkt die Auswirkungen die Ursachen verstärken. Im Falle Afrikas wird durch die steigenden Temperaturen auch der Bedarf an Energie für Kühlung signifikant zunehmen. Außerdem werden zunehmend extremere Wetterphänomene auch die Nutzung von Wasserkraft beeinflussen. Die IEA sagt dazu Folgendes:

Africa is in the front line when it comes to the effects of a changing climate on the energy sector. Today, Africa has some of the lowest ownership levels of cooling devices of any region, despite almost 700 million people living in areas where the average daily temperature exceeds 25 degrees. By 2040, this number approaches 1.2 billion as population expands and average temperatures increase with climate change. Without appropriate regulations on the type of equipment used for cooling, this would create a very strong increase in electricity demand. Increased frequency and intensity of extreme weather events such as droughts and floods is set to lead to more variability in generation output, notably from hydropower. Planning and investment decisions for energy infrastructure need to be climate resilient.

Um das zusammenzufassen: Afrika ist enorm vom Klimawandel betroffen, braucht aber gleichzeitig auch mehr Energie. Afrika hat das Potenzial und das Bestreben, einen enormen Ausbau - im Gegensatz zum Umbau in Europa - des Sektors der erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren voranzutreiben, steht aber gleichzeitig auch vor der enormen Herausforderungen einer stark wachsenden Bevölkerung und eines - bedingt durch die wirtschaftliche Entwicklung und die Mängel der Ausgangslage - stark wachsenden Energiebedarfs pro Kopf.

Ganz abgesehen von den technischen Herausforderungen, die ein zum größten Teil auf Erneuerbaren gestütztes Energiesystem mit sich bringt (Speicherung, Verteilung, Grundlast), überwiegt denke ich aus Sicht der Menschen in Afrika das aktuelle soziale Defizit gegenüber dem potentiellen ökologischen Schaden - was ich persönlich sehr gut nachvollziehen kann.

Die globale Energiewende ist essenziell für den Erhalt unseres Lebensraumes, muss aber immer auch unter Berücksichtigung der sozialen Rahmenbedingungen gedacht werden. Eine ausschließliche Versorgung von Afrika mit Erneuerbaren Energien in den nächsten 20-30 Jahren ist daher schlichtweg unrealistisch, wenn gleichzeitig möglichst viele Menschen in Afrika möglichst schnell einen Zugang zu Elektrizität erhalten sollen. Das betrifft in besonderem Maße die zentralisierten Elektrizitätsversorgungssysteme in den Ballungszentren. Hier sollte der Fokus der Investitionen darauf liegen, zur zeitnahen Deckung der Grundlast möglichst effiziente und emissionsarme Verbrennungsprozesse in den Fokus zu nehmen, wie z.B. durch die Verbrennung von Erdgas mithilfe von kombinierten Gas- und Dampfkraftwerken.

Die gute Nachricht für uns: Laut IEA werden Mini-Grids für über 30% der Bevölkerung ohne aktuellen Zugang zu Elektrizität die kostengünstigste Lösung sein:

Grid extension and densification is the least cost option for nearly 45% of the population gaining access by 2030, mini-grids for 30% and stand-alone systems for around a quarter.

Und dieser Bedarf lässt sich glücklicherweise ausgezeichnet mit Solarenergie decken. Auch, wenn zur Absicherung auch Dieselgeneratoren zum Einsatz kommen können, ist dieser Sektor aus der hier thematisierten Hinsicht die eierlegende Wollmilchsau: Der Zugang zu Elektrizität wird schnell und kostengünstig mithilfe emissionsfreier Energieumwandlung ermöglicht. Hier sollten definitiv die Dieselgeneratoren durch Solartainer ersetzt, der Kühlbedarf durch Cooltainer gedeckt werden.

Insofern leistest du einen direkten und wichtigen Beitrag, um in realistischem Maße die bestehenden Dieseltechnologien in den ländlichen Regionen durch sauberen Solarstrom zu ersetzen und gleichzeitig das soziale Defizit der akuten Unterversorgung mit Elektrizität etwas zu korrigieren.

Vielen Dank dafür!

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Leider sieht es tatsächlich nach diesem Szenario aus. Habe zuletzt gelesen (kann Artikel leider nicht mehr finden) das in Afrika erneuerbare Energien immer noch nachrangig betrachtet werden und zumindest deren prozentualer Anteil am Strommix bis 2030 gleich bleiben wird.

Stattdessen dürfte Afrika mit hunderten Low-Tech Kohlekraftwerken geflutet werden, während bei uns mühselig um jede einzelne Tonne CO² gerungen wird. Der Grund liegt wohl darin, das viele Kohleproduzenten die Kraftwerke komplett vorfinanzieren, um dann schön über Lieferverträge viel Geld zu verdienen. Nebenbei wird bei solchen Geschäften wohl noch viel Geld in falsche Taschen wandern.

Das hier in Europa richtige, aber trotzdem sehr teure Entscheidungen getroffen werden und gleichzeitig in Afrika und Indien alle Einsparungseffekte um den Faktor 100 zunichte gemacht werden, ist für mich unverständlich. Etwas daran ändern dürfte sich nur, wenn Europa erneuerbare Energien komplett vorfinanziert, um dann ert mit dem Stromverkauf die Finanzierung zu tilgen.

Der typische, uralte afrikanische Dieselgenerator hat laut Torsten einen Wirkungsgrad von bestenfalls 10%. Totale wirtschaftliche Katastrophe. Dieselgeneratoren sind sicher eine notwendige Übergangslösung, trotzdem sollte man den Altbestand, wenn möglich, schon aus wirtschaftlichen Gründen schnellstmöglich austauschen. Moderne Aggregate sind deutlich robuster und haben einen Wirkungsgrad am optimalen Betriebspunkt von ~43% - D.h. können diese aus einem Liter 4x soviel Energie rausholen.
Schade das es hier keine Investmentfirmen gibt, die ein neues Aggregat vorfinanzieren, um dann über die Treibstoffersparnis die Vorfinanzierung zu tilgen.

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Das Thema in Afrika Dieselgeneratoren zugunsten von regenerativen Energien auszutauschen, macht weiter Schule wie z. B. am Update vom 21.11.23 der Mowea GmbH im Bereich der Windenergie erkennbar